leben mit dem feindSelbst Justin Bieber nahm sich auf seiner Europatournee die Zeit, das Amsterdamer Versteck von Anne Frank zu besuchen (und einen recht unbescheidenen Eintrag im Gästebuch zu hinterlassen). Ihr Tagebuch vermittelt wie kein anderes Buch ein Gefühl und ein Bild für das Leben der untergetauchten Juden im Nationalsozialismus. Und doch war Anne Franks Schicksal nicht in jeder Hinsicht exemplarisch. Barbara Beuys hat sich in „Leben mit dem Feind“ mit der Judenverfolgung in Amsterdam beschäftigt, wo die deutschen Besatzer in gewisser Weise einen Sonderweg beschritten. Die Niederlande und vor allem Amsterdam, seit den Zeiten der Inquisition Freihafen und Schutzraum für Juden aus ganz Europa, verdanken ihren jüdischen Bürgern internationale Handelsverbindungen, den Diamantenhandel und geistige Bereicherung wie den Philosophen Spinoza. Juden konnten seit dem Mittelalter in der toleranten niederländischen Hauptstadt auf Sicherheit und Anerkennung rechnen und in alle Gesellschaftsschichten aufsteigen. Barbara Beuys beschreibt, dass für Amsterdamer aller Konfessionen Antisemitismus und Verfolgung schlichtweg undenkbar war. Erst nach zwei Jahren deutschen Besatzung kam für die meisten das jähe Erwachen. In den Niederlanden überlebten 75 Prozent der Juden den Holocaust nicht. Die Autorin traf die „Interview Lounge“-Mitarbeiterin Britta Behrendt bei ihrem niederländischen Herausgeber Cossee.

Interview Lounge unterstützen und Buch bei Osiander bestellen

Verlagstext: Ein zentrales Stück deutsch-niederländischer Geschichte: Das bewegende Porträt der Stadt Amsterdam unter deutscher Besatzung. Barbara Beuys erzählt vom Alltag in der größten Stadt der Niederlande zwischen 1940 und 1945: davon, wie die Amsterdamer zunächst versuchen, durch Anpassung das Lebenswerte ihrer Stadt zu bewahren, von der Wut nach den ersten Deportationen jüdischer Mitbürger, von Terror und Razzien, von mutigen Menschen, die das kulturelle Leben der Metropole aufrechterhalten und unter Lebensgefahr jüdische Kinder verstecken. Die Meisterin des historisch-biographischen Sachbuchs verbindet Schicksale von Menschen mit Straßen, Plätzen und Gebäuden der Stadt – Bilder, die sich tief einprägen.

Buchtipp von Barbara Beuys: „Der Untergang der Familie Boslowits“ von Gerard (van het) Reve

Barbara Beuys: „Leben mit dem Feind. Amsterdam unter deutscher Besatzung 1940 – 1945“ Carl Hanser Verlag 2012. 384 Seiten. 24,90 Euro.

Barbara Beuys spricht über “Leben mit dem Feind” hier