Ein Roman über das Dritte Reich und den Stalinismus von einem 36-Jährigen. Geht das? Nir Baram gilt in Israel als eine Art literarisches Wunderkind. „Gute Leute“ ist sein dritter Roman, den er neben seiner Tätigkeit als Herausgeber einer historischen Reihe und als politischer Kolumnist geschrieben hat. Der Roman stand in Israel vier Monate auf der Bestsellerliste und dreht sich um zwei scheinbar normale Menschen unter zwei extremen Regimes. Ein deutscher Mitläufer und eine russische Kollaborateurin versuchen unter dem Terror von Hitler und Stalin so gut wie möglich zu überleben und verstricken sich dabei jeder auf seine Art in ein Netz von Schuld. Nir Baram gelingt es, den historischen Stoff auf brillante Art der Frage „Was hätte ich getan?“ unterzuordnen. Baram war einen Monat Gast im Amsterdamer Dichterhaus und hatte drei Stunden vor seiner Abreise noch Zeit für ein Gespräch mit Britta Behrendt, in der auch die aktuelle Situation in Israel zur Sprache kam.

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Verlagstext: Der eine, der deutsche Werbefachmann Thomas Heiselberg, wird zum Berater der Nazi-Regierung, die andere, die russische Jüdin Alexandra Weißberg, arbeitet für den NKWD. Wie viele andere „gute Leute“ werden die beiden, obwohl an Politik kaum interessiert, zu Wegbereitern größter Verbrechen. Vom Ehrgeiz getrieben, erstellt Heiselberg ein Profil über den Volkscharakter der Polen, das bald grausame Anwendung findet. Weißberg wiederum verrät in der Illusion, ihre Brüder zu retten, die regimekritischen Freunde ihrer Eltern. Bei einem Sonderauftrag treffen die beiden 1941 in Brest unter dramatischen Umständen zusammen und erkennen zu spät die Folgen ihres Tuns. Nir Baram, ein hochbegabter junger Autor aus Israel, konfrontiert uns mit der Frage: Hätten wir besser gehandelt als sie?

Buchtipp von Nir Baram: „Die wilden Detektive“ und „2666“ von Roberto Bolaño

Nir Baram: Gute Leute. Carl Hanser Verlag 2012. 464 Seiten. 24,90 Euro. Übersetzung: Markus Lemke

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