aller tage abend, jenny erpenbeck, interview lounge, britta behrendt, kerstin carlstedtIn „Aller Tage Abend“ wird unendlich viel gestorben. Im Progrom, aus Hunger, an der Syphilis, am Plötzlichen Kindstod oder am gebrochenen Herzen. Jenny Erpenbecks Roman durchschreitet das 20. Jahrhundert und vor allem seine schrecklichen Seiten. Vieles, aber längst nicht alles, und natürlich auch nicht vollständig Identisches, kommt aus Erpenbecks eigener Familiengeschichte und vor allem der Geschichte ihrer Großmutter Hedda Zinner, die 1935 in die Sowjetunion ging und nach 1945 für das Haus des Rundfunks in Ost-Berlin arbeitete. Über den Umgang mit der tatsächlichen Geschichte und wie sie auch hätte aussehen können, hätte es der Zufall so gewollt, sprach die Autorin mit Britta Behrendt im Goethe-Institut Amsterdam.

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 Verlagstext: Das Leben ist die Zeit, die dir bleibt. Wie lang wird das Leben des Kindes sein, das gerade geboren wird? Wer sind wir, wenn uns die Stunde schlägt? Wer wird um uns trauern? Jenny Erpenbeck nimmt uns mit auf ihrer Reise durch die vielen Leben, die in einem Leben enthalten sein können. Sie wirft einen scharfen Blick auf die Verzweigungen, an denen sich Grundlegendes entscheidet. Die Hauptfigur ihres Romans stirbt als Kind. Oder doch nicht? Stirbt als Liebende. Oder doch nicht? Stirbt als Verratene. Als Hochgeehrte. Als von allen Vergessene. Oder doch nicht? Meisterhaft und lebendig erzählt Erpenbeck, wie sich, was wir „Schicksal“ nennen, als ein unfassbares Zusammenspiel von Kultur- und Zeitgeschichte, von familiären und persönlichen Verstrickungen erweist. Der Zufall aber sitzt bei alldem „in seiner eisernen Stube und rechnet“.

Lesung: Jenny Erpenbeck liest aus „Aller Tage Abend“

Buch-Tipp von Jenny Erpenbeck: „Tschernobyl. Eine Chronik der Zukunft“ von Swetlana Alexandrowna Alexijewitsch (Aufbau Verlag)

Jenny Erpenbeck: Aller Tage Abend. Knaus 2012. 288 Seiten. 19,99 Euro.

Rezension von Andreas Platthaus („FAZ“)