Mit ihrem ersten Roman „Kürzere Tage“ hat Anna Katharina Hahn das Dilemma der modernen Frau („Beruf plus Kinder“ oder lieber „Kinder als Beruf“?) schonungslos auf den Punkt gebracht. Mit „Am Schwarzen Berg“ wendet sie sich der anderen Seite, dem Dilemma des modernen Mannes, zu. Hahn spricht im Interview über ihre Romanfigur, einem Vater, der auf der Strecke bleibt, weil seine Ehe nicht mehr funktioniert. Außerdem von der Herausforderung, überhaupt glaubwürdig aus der Sicht eines Mannes zu schreiben und über die Bedeutung von Stuttgart 21 für ihre Heimatstadt.

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Verlagstext: Emil Bub, ein Lehrer kurz vor der Pensionierung, beobachtet von seinem Balkon aus, wie Peter, der Sohn seiner Nachbarn, in sein Elternhaus zurückkehrt. Peter ist krank und verwahrlost, seine Freundin Mia ist mit den gemeinsamen Kindern verschwunden. Der Verlust hat ihn völlig aus der Bahn geworfen. Seit den siebziger Jahren leben Emil und seine Frau Veronika, eine Bibliothekarin, am „Schwarzen Berg“. Die kinderlosen Bubs bekommen plötzlich einen Wahlverwandten, als Peter mit seinen Eltern Hajo und Carla ins Nebenhaus einzieht. Hajo Rau verschreibt sich ganz der Arbeit in seiner Arztpraxis, seine Frau unterstützt ihn. So wird besonders Emil zur prägenden Gestalt für den sensiblen Nachbarsjungen. Er zieht Peter tief hinein in seinen Kosmos aus Dichtung und Leistungsverweigerung. Der Sommer in den einsamen Häusern am Rande des Stuttgarter Kessels vergeht mit den hilflosen Versuchen der beiden älteren Paare, den Verzweifelten wieder aufzurichten. Auf der Suche nach Mia und den Kindern durchstreift Emil mit Peter die überhitzte Großstadt, und Hajo entwirft eine Therapie. Aber was hilft das jetzt noch? Anna Katharina Hahn erzählt auf unnachahmliche Weise von verzweifelter Liebe in all ihren Spielarten und davon, daß im entscheidenden Augenblick selbst die nächsten Menschen einander ein Rätsel bleiben.

Anna Katharina Hahn: „Am Schwarzen Berg“. Suhrkamp 2012. 236 Seiten. 19,90 Euro.